Standpunkt Stiftung

Standpunkt Stiftung: "Wir brauchen diese Reform jetzt!"

von Kirsten Hommelhoff, Generalsekretärin des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen

Seit Februar liegt der Regierungsentwurf zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts vor. Der Stiftungssektor in Deutschland hat Jahre darauf gewartet. Zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Stiftungen haben sich viele Stiftungen leidenschaftlich für die Reform eingesetzt. Entsprechend intensiv wird der Entwurf diskutiert. Greift er alle Forderungen aus der Praxis auf? Nein. Bringt er dennoch zentrale Verbesserungen und ist deshalb ein dringend notwendiger Schritt in die richtige Richtung? Ja.

Der Regierungsentwurf setzt essentielle Forderungen der deutschen Stiftungen um. Ein bundeseinheitliches Stiftungsrecht soll in Zukunft das zersplitterte Landesstiftungsrecht ablösen. Das bedeutet mehr Rechtssicherheit durch die Entwicklung einheitlicher Rechtsprechung und Verwaltungsregelungen. Ein Umzug einer Stiftung von einem Bundesland in ein anderes ist künftig nicht mehr mit einem Wechsel der Rechtsgrundlage verbunden.

Auch die Kodifizierung der Business Judgement Rule bedeutet mehr Rechtsicherheit. Sie besagt, dass Stiftungsorgane nicht für eine Fehlentscheidung haften, wenn sie geltende Gesetze sowie die Stiftungssatzung beachtet haben und auf Grundlage angemessener Informationen annehmen durften, dass sie zum Wohle ihrer Stiftung handeln.

Die Möglichkeit der Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung und die Vereinfachung der Zu- und Zusammenlegung sind deutliche Verbesserungen zum aktuell geltenden Recht – gerade für notleidende Stiftungen.

Positiv außerdem: Ausweislich der Gesetzesbegründung dürfen Umschichtungsgewinne für die Zweckverwirklichung eingesetzt werden, soweit der Stifterwille dem nicht entgegensteht und das Stiftungskapital erhalten bleibt.

Der Regierungsentwurf sieht außerdem ein Stiftungsregister mit Publizitätswirkung vor. Damit vereinfacht er den Nachweis der Vertretungsmacht und macht die umständlichen Vertretungsbescheinigungen obsolet. Vom Tisch ist die ursprünglich vorgesehene uneingeschränkte Einsichtnahme ins Stiftungsregister. Die Persönlichkeitsrechte der Stifterinnen und Stifter werden gewahrt.

Auch die vielfach kritisierte Satzungsstrenge des Referentenentwurfs wurde gestrichen und der mutmaßliche Stifterwille als bewährte Auslegungshilfe zur Fortentwicklung der Ewigkeitsstiftungen wieder aufgenommen.

Bei allen Errungenschaften, die der vorliegende Regierungsentwurf für Stiftungen in Deutschland mit sich bringt, teilt auch der Bundesverband die Meinung aus Wissenschaft und Praxis, wonach weitere Nachbesserungen oder Klarstellungen im Gesetzestext oder in der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses nötig sind.

Aus Sicht des Bundesverbandes dürfen die Schwachpunkte des Entwurfs jedoch nicht dazu führen, dass Stiftungen in Deutschland auf absehbare Zeit nicht von den Vorteilen der Reform profitieren. Eine weitere Verschiebung würde dazu führen, dass der langwierige Reformprozess von vorn beginnt. Ob er je abgeschlossen werden kann, wäre völlig unklar.

Der Bundesverband setzt sich deshalb dafür ein, dass das Gesetz noch vor Ende der Legislaturperiode im Juni 2021 verabschiedet wird und am 1. Juli 2022 in Kraft treten kann.

In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet.