Standpunkt Stiftung

Standpunkt Stiftung: …denn nichts bleibt, wie es war!

von Roland Bender, Leiter der Fort- und Weiterbildung bei der Robert Bosch Stiftung und Senior Experte für Personal- und Organisationsentwicklung bei der Deutschen Stiftungsakademie, Stuttgart / Berlin

Wie schnell sich doch Hoffnungen zerschlagen! Noch nach der ersten Corona-Welle hatten wir die Erwartung, dass wir bald wieder “normal” arbeiten können. Jetzt wird bereits die vierte Welle mit Blick auf den Herbst diskutiert. Längst ist deutlich geworden, dass ein “Weiter so!” wie vor der Corona-Zeitrechnung nicht mehr möglich sein wird. Wir mussten unsere Formen der Zusammenarbeit und Arbeitsabläufe verändern, IT-Strukturen umstellen und unser Führungsverständnis überprüfen. Die Pandemie bietet die Chance, aus der Not geborene Lernerfahrungen nachhaltig in dauerhaften Strukturen zu verankern. 

Da beißt die Maus keinen Faden ab: Geschäftsreisen, Besprechungen, Vorstellungs- und Beratungsgespräche, Veranstaltungen und Tagungsorte werden durch die digital geprägten erweiterten Kommunikationsformen zukünftig Veränderungen erfahren. Während Geschäftsreisen noch stärker auf die Notwendigkeit der zwingend erforderlichen Reisetätigkeit geprüft werden und Reisebudgets Einsparpotenziale bieten, so müssen im Gegenzug Konferenzräumlichkeiten für hybride Besprechungsformate aufgerüstet, für professionelle Zwecke evtl. sogar Studios eingerichet werden; für Tagungsorte, insbesondere auch für Träger von gemeinnützigen Tagungsstätten, werden Investitionen und erhöhte Kosten (bspw. für technische Betreuung) anfallen.  

Zu den Veränderungen im räumlich-technischen Bereich (inkl. IT) müssen organisatorische Abläufe auf den Prüfstand gestellt warden; es ist höchste Zeit sich von analogen papiergebundenen Prozessen zu verabschieden und spätestens jetzt die Reorganisation von zentralen zu dezentralen Verteilungs- und Entscheidungsstrukturen auf den Weg zu bringen. Die Pandemie hat gezeigt, dass je nach Aufgabenstellungen und Arbeitsprozessen das Homeoffice durchaus einen Umfang von zwei bis vier Tagen einnehmen kann; vor der Pandemie waren mehrtägige Dienstreisen (= nicht präsent) bekanntlich ja auch kein Problem. Um die Diskussion nicht nur auf die Zahl der Präsenztage zu reduzieren, müssen weitere Aspekte in den Blick genommen werden. Neben der Überarbeitung der Arbeitsabläufe bedarf es bei den Dokumentations- und Ablagestrukturen einer Transparenz für alle Mitarbeitenden im Team; “meine Datei – mein Geheimnis” ist gestern, heute und zukünftig gilt: was ich generiere, steht dem Team zur Verfügung. 

Im Zusammenhang mit den Auswirkungen der Pandemie hat auch das Stichwort “Remote Leadership” seine Konjunktur auf dem Weiterbildungsmarkt erfahren. Land auf, Land ab wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Führung von Mitarbeitenden nicht mehr setzen kann auf die Devise “Meine Tür ist jederzeit offen!”; die fehlende räumliche Nähe muss kompensiert werden; idealerweise noch stärker die individuellen Belange der Mitarbeitenden in den Blick nehmen und gleichzeitig Orientierung und Motivation bieten bzw. vermitteln. Das Führungsmodell des “enablers”, des “servant leader” oder,auch weiter gefaßt, das transformationale Führungsverständnis, ist mehr denn je die richtige Antwort auf die Herausforderungen nach der Pandemie.

Kurz gesagt: Nutzen wir die in der Pandemie erworbenen Erfahrungen als Quelle zur selbstkritischen Optimierung unserer Prozesse, um noch effizienter unseren jeweiligen Stifterauftrag zeitgemäß erfüllen zu können! 

Für Geschäftsführende und Vorstände von Stiftungen bietet die Deutsche Stiftungsakademie mit dem Eberbacher Stiftungskreis die Möglichkeit, Erfahrungen für erfolgreiches Leadership und gute Personalarbeit einzubringen und sich über Führungsverständnis und werteorientierte Führung in Anbetracht der Post-Corona-Zeit auszutauschen.

In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet.