Standpunkt Stiftung

Standpunkt Stiftung: Zeitenwende – Weiterbildung muss neue Formate wagen!

von Dr. Gereon Schuch, Geschäftsführer der Deutschen Stiftungsakademie

Spätestens seit dem Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 wurden auch die Bereiche der Arbeitswelt in den Sog des mobilen Arbeitens gezogen, die bisher eher durch Präsenzkultur geprägt waren. Dazu gehören weite Teile des Stiftungssektors. Der Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung hat viele Organisationen vor enorme Herausforderungen gestellt und bislang Undenkbares musste in kürzester Zeit möglich werden. Nun gilt es, diese Errungenschaften zu erhalten. Doch dabei darf die Verlagerung in den digitalen Raum weder zum Allheilmittel werden, noch ist ein Präsenz-Roll back hilfreich. Es gilt vielmehr, durch kreative und partizipative Formate die digitale und die Präsenzsphäre besser zu verknüpfen. 

Es ist wohl nicht übertrieben, die Corona-bedingte Zwangsdigitalisierung als Zeitenwende zu bezeichnen. Natürlich gibt es auch im gemeinnützigen Sektor schon länger digitalaffine Organisationen, aber in der Breite dominierte eine Präsenzkultur. Das oft gehörte „Ich kann das nicht!“ oder „Die Technik funktioniert bei uns nicht!“ kann man heute nicht mehr so leicht sagen. Die Menschen, die nicht selbstverständlich mit einem sich digitalisierenden Umfeld und Social Media aufgewachsen sind, mussten während der Corona-Monate den Stand derer aufholen, die bereits auf dem Schulweg ihre Videoanrufe erledigen. 

Dieser Schub erleichtert heute vieles: Online-Meetings ersparen viel Reisezeit, mobiles Arbeiten ermöglicht mehr Flexibilität, entspannt den öffentlichen Nahverkehr und fördert die Produktivität durch verbesserte Work-Life-Balance – um nur einige Beispiele zu nennen. Und das hat auch aus Organisationssicht positive Effekte: Reisekosten werden drastisch reduziert, Homeofficeregelungen verringern die Raumanforderungen in den Büros.

Das hat auch Auswirkungen auf den Weiterbildungsbereich: Eine Fortbildung wird deutlich weniger zeitaufwendig, wenn man sie online auf einen Homeoffice-Tag oder in den Büronachmittag schieben kann, und nicht den oder die Mitarbeitenden für ein externes Tagesseminar mit Reisezeiten rund zwei Tage entbehren muss. 

Keine Frage: Wissen lässt sich auch digital weitergeben und viel Themen können gut online vermittelt werden. Doch Weiterbildung hat auch eine soziale Dimension, sie ist auch Erfahrungsaustausch, Netzwerkarbeit und persönliche Weiterentwicklung. Diese soziale Dimension ist enorm wichtig, da sie das erlernte Wissen in einen Anwendungskontext stellt – aber sie kann digital nur sehr schwer gleichwertig zur persönlichen Begegnung vermittelt werden. Ebenso, wie wir in drei Lockdowns gesehen haben, dass Online-Meetings viele Sitzungen ersetzen können, haben wir auch erfahren, dass der soziale und kollegiale Austausch darunter leidet. Wer nun aus zeitlichen wie finanziellen Einsparungs- und Effizienzgründen ausschließlich auf den digitalen Weg setzt, der schüttet das Kind mit dem Bade aus.  

Es wäre aber auch der falsche Schluss, wieder zu reinen Präsenzseminaren zurückzukehren. Denn bislang war für Personen, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht zu Seminaren reisen konnten oder wollten, der Weg zur Weiterbildung eingeschränkt. Hier bietet die Aufweichung der harten Grenze zwischen Präsenz und Digital durch die Schaffung ansprechender Hybridformate neue Möglichkeiten. Dabei darf man sich keiner falschen Erwartung hingeben: Die Verknüpfung beider Sphären bringt für beide Seiten Veränderungen und Einschränkungen und sie ist aufwändig, aber sie ermöglicht doch die Teilhabe aller. Dies technisch und methodisch weiterzuentwickeln und bestmöglich umzusetzen, bleibt die Herausforderungen für Weiterbildungseinrichtungen auch nach Corona.

In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet.