Standpunkt Stiftung: Wer die Zukunft im Blick hat, darf die SDGs nicht aus den Augen verlieren
von Erich Steinsdörfer, Geschäftsführer und Vorsitzender der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums (DSZ) im Stifterverband
Für viele Stifterinnen und Stifter ist der Wunsch, die Welt zum Besseren zu verändern, eine Motivation für ihr Engagement. Stiftungen – vor allem kleine und mittlere – unterschätzen dabei häufig, was sie zu leisten vermögen, indem sie ihre Wirkmacht mit der Erfüllung ihres Stiftungszwecks und der Höhe ihres Vermögens gleichsetzen. Doch angesichts der großen sozialen und ökologischen Herausforderungen ist es Zeit für eine neue, eine mutigere Sichtweise! Ein Blick durch die SDG-Brille bietet Perspektive.
Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zeigen auf, was global für eine lebenswerte Zukunft nötig ist. Und sie fordern Priorität ein, denn ihre Umsetzung hat bis 2030 zu erfolgen – dazu hat sich die Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 verpflichtet. Bis dahin sollen Ziele wie „Weniger Ungleichheiten“ und „Maßnahmen zum Klimaschutz“, und mit ihnen eine sozial, ökologisch und wirtschaftlich nachhaltige Entwicklung, erreicht werden.
Stiftungen arbeiten seit jeher engagiert daran mit, Zukunft zu gestalten – durch ihre Unabhängigkeit sind sie frei, auch neue Wege zu gehen. Die SDGs können den Blick schärfen und als Wegmarken Orientierung bieten: Wenn Stiftungen gezielt überprüfen, zu welchen Nachhaltigkeitszielen sie beitragen, können sie ihre Aktivitäten sinnvoll ergänzen oder noch passgenauer auf die SDGs ausrichten.
Augen auf heißt es etwa bei der Vermögensanlage. Eine Stiftung, die sich für Nachhaltigkeitsziele engagiert, sollte nicht in Unternehmen und Produkte investieren, die diesen Nachhaltigkeitskriterien nicht oder nicht in ausreichendem Maße entsprechen. Klingt einleuchtend, ist aber nicht selbstverständlich – wie im vergangenen Jahr das Beispiel der Bill & Melinda Gates Stiftung zeigte. Selbst kleinen und mittleren Stiftungen bietet die Kapitalanlage einen entscheidenden Hebel, um über die Stiftungsarbeit hinaus zu den SDGs beizutragen. Erfreulicherweise wächst das Angebot für eine Vermögensanlage mit nachhaltiger Wirkung – auch der Stifterverband mit seinem DSZ hat alle offenen Spezialfonds auf ESG-Kriterien umgestellt.
Wenn Stiftungen zudem Nachhaltigkeitskriterien bei Ausschreibungen, der Fördervergabe sowie in ihrer eigenen Organisation berücksichtigen, werden Geförderte, Partner und Netzwerkkontakte sowie die eigenen Mitarbeitenden dazu angestiftet, ebenfalls die SDGs zu beachten. Geschichten des Gelingens regen zum Nachmachen an – auch deshalb veröffentlicht das DSZ jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht.
Nicht zuletzt die Corona-Pandemie führt vor Augen: Ein „Weiter so“ ist nicht möglich, wir müssen Wandel wagen. Die SDGs bestärken uns, indem sie unseren Blick auf die Lösung lenken – sie fördern Nachhaltigkeit mit Haltung.
In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet.