Standpunkt Stiftung: Mehr Diversität wagen!
von Friederike v. Bünau, Geschäftsführerin EKHN Stiftung und Vorstandsvorsitzende Bundesverband Deutscher Stiftungen
Die gute Nachricht zuerst: Das Stiftungswesen wird bunter und vielfältiger: Der Anteil von Stifterinnen steigt, die Bürgerstiftungen haben das Stiften in den letzten Jahrzehnten demokratischer gemacht und Frauen repräsentieren heute unter den Mitarbeitenden in den Stiftungen insgesamt die Mehrheit. Doch bis sich im Stiftungssektor die gesamte Vielfalt unserer heutigen Gesellschaft widerspiegelt, ist noch einiges zu tun.
Wenn wir unseren Sektor stärken und die Arbeit der Stiftungen offener gestalten wollen, sollten wir die Förderung von Diversität unbedingt als Chance begreifen und als Kultur in unseren Organisationen leben.
Wie kann das gelingen?
Diversität ist ein Querschnittsthema und betrifft alle Bereiche und Ebenen einer Organisation. Für den gemeinnützigen Sektor im Allgemeinen und Stiftungen im Besonderen gibt es mindestens zwei Dimensionen: eine strukturelle und eine inhaltliche. Auf der strukturellen Ebene geht es um Fragen wie: Wer arbeitet in welcher Position? Welche Generationen, Geschlechter, Herkünfte, Religionen sind in der Organisation vertreten? Wie ist das Arbeitsumfeld und wie wird die Organisationskultur von den Mitarbeitenden erlebt? Gibt es Anlaufstellen für Mitarbeitende, die von Benachteiligung betroffen sind, und funktionierende Rechenschaftsstrukturen in Fällen von Diskriminierung? Neben der Zusammensetzung der Organisation ist außerdem ihre inhaltliche Ausrichtung entscheidend. Welche Themen werden wie behandelt? Welche Zielgruppen und Förderschwerpunkte gibt es? Beide Dimensionen beeinflussen sich wechselseitig und tragen zu einer Kultur der Vielfalt bei.
Es gilt zunächst, das eigene Bewusstsein zu schärfen und sich klar zu machen, wie sehr wir alle durch unbewusste Stereotype beeinflusst werden. Die Verhaltensökonomin Iris Bohnet spricht in ihrem Buch „What works – Wie Verhaltensdesign die Gleichstellung revolutionieren kann“ von „unconscious bias“, verzerrten Wahrnehmungen, die auf unsere Entscheidungen auch dann einwirken, wenn wir meinen, objektiv zu sein. Das kann beispielsweise bei der Auswahl von Bewerber*innen eine Rolle spielen. Dann geht es um den Blick auf die eigene Organisation. Es braucht Datenerhebungen und Auswertungen, um zu überprüfen, wo die Stiftung steht und wo sie stehen möchte.
Wichtig erscheint mir, diesen Prozess als etwas Positives zu begreifen. Es geht primär nicht darum, irgendwelche Quoten erfüllen zu müssen, sondern um eine kritische Bestandsaufnahme gewachsener Strukturen auf freiwilliger Basis. Eine solche Bestandsaufnahme birgt für jede Stiftung enorme Chancen: Denn je mehr verschiedene Perspektiven in der eigenen Personal- und Programmstruktur abgebildet werden, desto besser kann es gelingen, ganz unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen anzusprechen. Diese Chance sollten sich gerade Stiftungen, die für positiven Wandel stehen und die besten Talente gewinnen wollen, nicht entgehen lassen
In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet. Weitere Standpunkte finden Sie unter "Aktuelles".