Standpunkt Stiftung: Kooperationen wagen – immer aufs Neue!
von Prof. Dr. Burkhard Küstermann, LL.M., Professor für Rechtswissenschaften an der FH Bielefeld und freiberuflicher Stiftungsberater, Berlin
Dass die Zusammenarbeit mit einem Partner in Form einer Kooperation für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation ist – diese Aussage würden wohl viele so unterschreiben. Kooperationen im Stiftungssektor sind wertvoll, inspirierend, nachhaltig - und doch sehen sich viele Stiftungen mit Blick auf die Wahl des richtigen Kooperationspartners, die vertragliche Fixierung und natürlich die Frage, wie man der Kooperation Leben einhaucht, vor eine Sisyphusarbeit gestellt. Dabei ist es – wie so oft - viel einfacher, als man denkt: Man muss sich nur trauen und den ersten Schritt wagen!
Zugegeben – auch ich schaue gern bei Wikipedia nach, wenn ich mich rasch über Dinge informieren möchte. So zum Beispiel heute, wo ich einen Standpunkt zum Thema „Kooperationen“ verfassen soll. Schnell bleibe ich bei dem Thema „Kooperation im Kindesalter“ hängen. Dort geht es um die (triadische) Interaktion als Ausgangspunkt für tatsächliche Kooperation:
„Neben dem gegenseitigen Eingehen aufeinander sind die Beteiligten durch ein gemeinsames Ziel verbunden, und die Akteure stimmen ihre Rollen miteinander ab, wozu auch die Unterstützung des Anderen in seiner Rolle gehört.“
Wenn sich das nicht geradezu einfach und selbstverständlich anhört! Und gleichzeitig zeigt uns die Corona-Pandemie wie schwierig es im Einzelfall sein kann, diese triadische Interaktion zu leben. Klar, das gemeinsame Ziel ist schnell gefunden: Wir wollen die Pandemie überwinden! Aber welche Rolle kommt jedem einzelnen von uns dabei zu, um dieses Ziel zu erreichen? In welchem Umfang sind wir bereit, den anderen in seiner Rolle zu unterstützen, und wo vergessen wir das gemeinsame Ziel, um unsere persönliche Freiheit zu leben? – Am eindrucksvollsten zeigte und zeigt sich für mich die Kooperation im lokalen Bereich: dort, wo die Nachbarn füreinander einkaufen gehen, um den jeweils anderen zu schützen. Dort, wo mit Plaudertelefon und Video-Meetings Menschen aus ihrer Einsamkeit herausgeholt werden. Je größer der Einzugsradius wird, je mehr Personen an der Kooperation beteiligt sind, umso größer werden die sich stellenden Herausforderungen.
Ein Plädoyer für den kleinen Anfang
Wenn uns schon im gesellschaftlichen Miteinander Kooperationen in dieser Weise herausfordern – um wieviel schwieriger ist es dort, wo mit Satzung und Stifterwillen den handelnden Akteuren klare Vorgaben für die eigene Arbeit gesetzt sind. – Und gleichwohl ist der Ruf nach Kooperationen einer, den ich höre, seitdem ich im Jahr 2005 begonnen habe, im Stiftungssektor zu arbeiten. Der Bogen spannt sich von einem (leider noch zu wenig genutzten) „Markt der Kooperationen“ auf einem Deutschen Stiftungstag bis hin zur Einführung des viel diskutierten § 57 Abs. 3 AO Ende 2020, der das „planmäßige Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren Körperschaft“ erleichtert.
Es ist eben doch etwas dran an der Annahme, dass durch Kooperationen Mittel nachhaltiger eingesetzt und Synergieeffekte erzielt werden können, selbst wenn die Durchführung der Kooperation uns viel Energie kostet. Vielleicht sollten wir die Erwartungen an uns selbst nicht zu hoch ansetzen, was Kooperationen betrifft und fangen erst einmal im kleinen Bereich an: mit einem einzelnen Projekt, direkt vor der Haustür, im kooperativen Miteinander vor Ort, in der unmittelbar benachbarten Stiftungslandschaft. Und wenn uns das gelingt, dann können wir den Radius ja größer spannen hin zu langfristigen Kooperationen und strategischen Partnerschaften. Insofern trage auch ich den Ruf weiter: Lasst uns Kooperationen wagen – immer aufs Neue!
In der DSA-Rubrik "Standpunkt Stiftung" werden ausgewählte Stiftungsthemen durch Meinungsbeiträge von Vertreterinnen und Vertretern aus der Stiftungswelt beleuchtet. Weitere Standpunkte finden Sie unter "Aktuelles".