Standpunkt Stiftung: Der Zweck steuert die Mittel
von Rolf D. Häßler, geschäftsführender Gesellschafter, NKI – Institut für nachhaltige Kapitalanlagen, und Dr. Moritz Kilger, Leiter der NKI – Sustainable Finance Academy
Muss ich auf Rendite verzichten oder mehr Risiko akzeptieren, wenn ich bei der Kapitalanlage soziale oder ökologische Kriterien berücksichtige? Diese Gretchenfrage der nachhaltigen Kapitalanlage stellen die für die Kapitalanlage in Stiftungen Zuständigen zurecht – immerhin sind sie für eine regelkonforme und möglichst ertragreiche Anlage des Stiftungsvermögens verantwortlich. Nach deutlich mehr als 20 Jahren Erfahrung mit der nachhaltigen Kapitalanlage wird diese Frage von der überwiegenden Mehrheit der Experten mit „nein“ beantwortet. Sie sehen keinen systematischen Nachteil durch die Berücksichtigung entsprechender Kriterien gegenüber einer konventionellen Kapitalanlage – sofern hier mit Augenmaß agiert wird.
Kapitalanlagen sollten dem Stiftungszweck zumindest nicht schaden
Dies ist auch für die Berücksichtigung des Stiftungszwecks bei der Kapitalanlage eine gute Botschaft – bietet doch die nachhaltige Kapitalanlage die Instrumente, die benötigt werden, um den Stiftungszweck auch bei der Anlage des Stiftungsvermögens zu berücksichtigen. Ein erster wichtiger Schritt dabei ist es, sicherzustellen, dass keine Kapitalanlagen den Weg ins Depot finden, die dem Stiftungszweck widersprechen und damit die Förder- und Projektarbeit konterkarieren. Dies erreicht man beispielsweise durch den Ausschluss von Emittenten, deren Produkte oder Geschäftsverhalten dem Stiftungszweck schaden. Wer also als Stiftung auf das Thema Gesundheit ausgerichtet ist, sollte möglichst keine Aktien von Tabakunternehmen halten und wer sich dem Schutz der Umwelt verschrieben hat, tut gut daran, besonders umweltschädliche Unternehmen aus dem Depot zu verbannen.
Zweckfördernde Anlagen sind möglich – aber nicht bei jedem Stiftungszweck
Bei manchen Stiftungszwecken kann man sogar noch weiter gehen und in Kapitalanlagen investieren, die positiv zum Stiftungszweck beitragen. Das funktioniert beispielsweise gut bei auf Klima- und Umweltschutz ausgerichteten Stiftungen, die in erneuerbare Energien und die damit verbundene Infrastruktur investieren. Und auch Bildungsstiftungen finden am Markt erste wirkungsverstärkende Anlagelösungen. Kunststiftungen werden sich dagegen eher schwertun, geeignete Kapitalanlageprodukte zu finden.
Transparenz macht Stiftungen attraktiv für Spender und Zustifter
Gleichzeitig kann es für Stiftungen zielführend sein, mehr über ihre Kapitalanlage zu kommunizieren. Sehr häufig liegt hier über der Höhe des Stiftungsvermögens und den Regeln für seine Anlage noch der Mantel des Schweigens. Dabei macht es viel Sinn, zumindest offen darüber zu sprechen, nach welchen Regeln das Stiftungsvermögen angelegt wird und inwieweit dessen Anlage den Stiftungszweck stützen kann – die Höhe des Stiftungsvermögens spielt dabei keine Rolle. Für die Gewinnung von Spendern und Zustiftern kann es ein zusätzliches gutes Argument sein, wenn diese davon ausgehen können, dass das von ihnen bereitgestellte Kapital auch im Sinne des Stiftungszwecks angelegt wird.
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